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Einblicke in die Deichschäferei Butjadingen
Anna und ihr Lebensgefährte sind Deichschäfer in Butjadingen. Sie haben die Deichschäferei vor etwa zweieinhalb Jahren von dem Zweiten Oldenburgischen Deichband gepachtet und bewirtschaften seit anderthalb Jahren die Deiche. Es handelt sich um eine gewaltige Fläche: rund 11 Kilometer Deichlinie, was ungefähr 70 Hektar entspricht, werden von ihren Schafen beweidet.
Die Arbeit als Deichschäfer ist nicht nur eine Leidenschaft, sondern auch ein Erwerbszweig. Die Schäferei dient als Grundlage, um den Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Das Haupteinkommen generieren die Schäfer durch den Verkauf der Lämmer im Herbst. Hinzu kommen Ertragsbeihilfen, die laut Anna „existenziell wichtig“ sind und ohne die der Betrieb nicht funktionieren würde. Neben den Deichflächen benötigen die Schafe im Winter auch Futter. Dafür bewirtschaftet die Schäferei weitere 20 Hektar Mähweide, auf der hauptsächlich Silagen für das Winterfutter angebaut werden. Es gibt auch extensiv genutzte Außenflächen wie Salzwiesen und weitere Weiden, die aufgrund von Vogelschutzauflagen erst spät im Sommer gemäht werden dürfen, wenn die Bodenbrüter ausgeflogen sind.
Warum Schafe auf dem Deich?
Man könnte sich fragen, warum ausgerechnet Schafe für die Deichbeweidung so gut geeignet sind und nicht etwa Kühe. Die Antwort liegt in ihren besonderen Eigenschaften begründet:
• Leichter und dennoch druckvoll: Schafe sind im Vergleich zu Kühen (die 650 kg wiegen können) deutlich leichter. Ihre kleinen Hufe üben aber dennoch genug Druck aus, um den Deich zu verdichten und die Grasnarbe zu festigen, ohne sie zu zerstören. Selbst bei Regen können Schafe den Deich gut überlaufen, ohne Schäden zu hinterlassen. Kühe könnten bei starkem Regen oder beim Rennen wie ein „Pflug“ wirken und den Deich beschädigen.
• Gründliche Fresser: Schafe fressen den Deich „schön sauber weg“ und sind weniger selektiv als Kühe, die sich oft auf besonders schmackhafte Stellen konzentrieren würden.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass auch Schafe bei zu langer Beweidung Schäden verursachen können. Daher werden die Beweidungsintervalle je nach Witterung angepasst und die Schafe im Oktober oder November von den Deichen geholt und auf Winterweiden umgetrieben.
Ein Tag im Leben einer Deichschäferin
Der Tag einer Deichschäferin beginnt früh und ist von vielen Kontrollen geprägt:
• Stallarbeit: Morgens geht es zunächst in den Stall, wo die Mutterschafe, die noch ein Lamm in sich tragen (aktuell etwa 50 Stück), versorgt werden. Es wird überprüft, ob neue Lämmer geboren wurden, die Tiere werden gefüttert und der Milchautomat für die Lämmer kontrolliert und gegebenenfalls nachgefüllt.
• Weidekontrolle: Nachdem im Stall alles in Ordnung ist, geht es auf den Deich. Besonders am Anfang ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen und zu schauen, ob es allen Tieren gut geht. Es wird kontrolliert, ob sich alle Lämmer und Mütter wiedergefunden und ob sich beispielsweise keine Euterentzündungen oder Nabelprobleme entwickelt haben. Diese tägliche Bestandskontrolle ist entscheidend, um Krankheiten frühzeitig zu erkennen und die Tiere versorgen zu können.
• Herdenübersicht: Aktuell sind etwa 70 Mutterschafe mit ihren 70 Lämmern auf dem Deich, also 140 Tiere, die es zu überwachen gilt. Die jungen Lämmer müssen früh lernen, was sie auf dem Deich zu tun haben. Das Wetter spielt eine große Rolle für den Weideaustrieb, da die Umstellung für die Lämmer sonst zu hart wäre.
Die Bindung zwischen Lamm und Mutter ist besonders wichtig. Nach der Geburt kommen die Tiere für 24 bis 48 Stunden in Einzelbuchten, damit sich diese Bindung aufbauen kann. Das ist der „Grundstein“ dafür, dass sie sich später auf dem weiten Deich wiederfinden.
Wichtige Hinweise für Touristen auf dem Deich
Die Deiche sind beliebte Ausflugsziele und zum großen Teil begehbar. Um das Wohl der Schafe zu gewährleisten und gefährliche Situationen zu vermeiden, gibt es jedoch einige wichtige Verhaltensregeln:
• Respektvolles Verhalten: Der Deich ist quasi die „Wohnung“ oder das „Zuhause“ der Schafe. Verhalte Dich dort als Besucher ruhig und respektvoll.
• Abstand halten: Renne den Lämmern bitte nicht hinterher, versuche sie nicht zu fangen oder zu streicheln. Dies bedeutet puren Stress für die Tiere, besonders für die jüngsten Gruppen, die sich erst an die neue Umgebung gewöhnen und sich wiederfinden müssen. Es könnte sogar gefährlich werden, wenn Lämmer von ihren Müttern getrennt werden und sich nicht wiederfinden.
• Geduld statt Drängen: Wenn Du Geduld hast und einfach abwartest, während Du die Hand ausstreckst, kommt vielleicht ein neugieriges Lamm von selbst auf Dich zu.
• Kinder beaufsichtigen: Eltern sollten ihre Kinder stets beaufsichtigen und sicherstellen, dass diese nicht den Schafen hinterherrennen. Kinder machen dies oft aus Spaß, aber es verursacht den Tieren unnötigen Stress.
• Absolutes Hundeverbot: Der wichtigste Hinweis betrifft Hunde. Auf dem Deich herrscht ein absolutes Hundeverbot – auch an der Leine.
◦ Hunde können sich losreißen, selbst wenn sie gut erzogen sind, und die Schafe jagen. Dies ist kontraproduktiv, da die Schäfer selbst mit Hunden arbeiten und ihre Schafe keine Angst vor Hunden haben sollen. Auch der Hundekot ist gefährlich für die Tiere.
◦ Mutterschafe können sehr resolut sein und ihre Lämmer verteidigen, was im Zweifelsfall auch für den Hund gefährlich werden kann.
◦ Nutze die vielen anderen Wege, die um den Deich herumführen, um die Lämmer aus sicherer Entfernung zu beobachten.
Wann braucht ein Schaf Hilfe?
Manchmal sieht man Schafe auf dem Deich, die ganz flach auf der Seite liegen und scheinbar regungslos sind. Das sieht manchmal aus, als wäre kein Leben mehr in ihnen. Doch keine Sorge: Die Schafe schlafen einfach und genießen die Sonne, tanken Kraft, so wie wir Menschen auch.
Gefährlich wird es, wenn ein Schaf auf dem Rücken liegt – also wirklich mit allen vieren nach oben. Das passiert am Deich seltener, da die Neigung ihnen hilft, sich zurechtzufinden, aber auf flacheren Winterweiden kann es vorkommen. Wenn ein Schaf auf dem Rücken liegt, gast es auf, was lebensgefährlich sein kann. Das ist besonders häufig, wenn die Schafe viel gefressen haben und die Lämmer schon groß im Bauch sind. In diesem Fall darfst Du selbst beherzt eingreifen: Gib dem Schaf einfach einen Schubs, sodass es sich wieder auf die Seite rollen kann.
Mein Tipp an dieser Stelle ist folgender: Ein ausgedehnter Spaziergang am Deich ist ein Abenteuer. Nimm Dir einen voller Leckereien gefüllten Picknick-Korb mit, lasse Dich bei einer Bank nieder und beobachte das Geschehen auf dem Deich, das Galoppieren und die Gespräche der Schafe aus der Ferne.
Die Schafe auf dem Deich sind mehr als nur süße Fotomotive; sie sind unverzichtbare Mitarbeiter für die Sicherheit unserer Küsten. Durch verantwortungsvolles Verhalten können wir dazu beitragen, dass sie ihre wichtige Arbeit ungestört fortsetzen können.
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